Ach je die Welt

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Theater, UA: 08.05.2015, Theater Dortmund
Inhalt

Christopher, Tobias und Marc arbeiten in einer »Zentrale auf dem Schrottplatz« und suchen nach ihrem Weg fürs Leben. Zunächst geht es um vermeintliche Banalitäten und jugendgerechte Sorgen: Der Hund ist verschwunden. Verantwortlich allerdings scheint kein Geringerer als Alfried Krupp und seinesgleichen zu sein. Ach je, wäre doch alles so schlicht wie in den Hörspielen unserer Jugend, von denen wir uns an unruhigen Tagen noch immer in den sicheren Schlaf wiegen lassen. Schnell ist klar, daß Krupp nicht nur hinter dem Abhandenkommen des Hundes steckt - sämtliche Abartigkeiten der modernen Welt werden ihm von den Jungs zur Last gelegt: Weltverschwörung, Kapitalismus, Ausbeutung. Da kommt dann doch so einiges zusammen, erst recht, wenn man Punkt sieben am Abendbrottisch zu sitzen hat.

Marie-Ann, das einzige Mädchen im Stück, sucht die Liebe und prallt brutal an allem ab. Wird sie doch nur beachtet, weil sie etwas hat, was die anderen wollen. Am ersehnten 15. Geburtstag bietet sie ihren Körper an, um die Liebe zu finden, denn so geht das, sie hat es im Kino gesehen. Aber sie erfährt wieder nur Ablehnung. Ihr letzter verzweifelter Versuch, Anschluß zu finden, mündet in transsexueller Hilflosigkeit. In den »Klub der Söhne« wird sie dennoch nicht aufgenommen. Mädchen sind Außenseiter, per se, und Marie-Ann scheitert an einer männlich dominierten Gesellschaft, in der Liebe keinen Platz hat.

ACH JE DIE WELT ist die skurrile Darstellung einer Gegenwart, in die der Einzelne entweder als funktionierender Teil hineinpaßt oder untergeht.

Für das Theater Dortmund hat Anne Lepper ihr erstes Jugendstück geschrieben, in dem sie aber weiterhin ihre sehr eigenen Referenzsysteme erforscht. Die Jungs vom Schrottplatz wirken ähnlich neunmalklug wie Hitchcocks Fragezeichen, und auch die Suche nach einem verschwundenen Hund erinnert an einschlägige Abenteuer-Literatur. Wie kurz die Jugend und mithin die Infragestellung des Altbewährten aber tatsächlich währt, darüber macht sich Anne Lepper keine Illusionen: Als aus dem Spiel bitterer Ernst wird, flüchten die drei Jungs in den »Klub der Söhne« - wahrscheinlich, um es ihren Vätern oder gar Alfried Krupp gleichzutun. Marie-Ann hingegen bleibt außen vor, mit dramatischem Ausgang. Um es frei nach Fassbinder zu formulieren: »Die Jugend ist kälter als der Tod«.