Angstbeißer

Autor*in(nen)
Theater, UA: 27.02.2020, Schauspielhaus Wien
Inhalt

Vier beste Freunde, angeödet und überfordert von ihrem großstädtisch privilegierten Alltag, einer zähen Melange aus teuren und nicht so teuren Drogen, verirrten Fetzen aus Albtraumtagebüchern und verwirrten Gesprächen. Hier nimmt sich keiner zu ernst, verbale Ausfälle, um sich schlagende Witze – wir sind ja unter uns. 

In einem klebrigen Fahrstuhl chauffieren die vier die Überreste ihrer Träume rauf und runter: bis in den infernalischen Abgrund und wieder zurück an die Oberfläche einer kaputten Video-Gegensprechanlage: ein verzerrtes Bild ohne Ton. Hereinspaziert – man kennt sich ja.

Zuerst zerbricht die Tasse mit dem Aufdruck von William und Kate. Wer soll die wieder zusammenkleben und wozu? Pass auf, wo Du hintrittst! Lautlos klappt das Messer in der Hose wieder zu. Ein sanfter Kuss auf die Stirn. Wo sind wir stehengeblieben?

Die Zeit gerät aus den Fugen - irgendwas kann doch so nicht stimmen. Man möchte aus der Haut fahren, das Blut rauschen hören, sich endlich wieder wirklich spüren. Also raus auf die regennasse Straße, in den Club, was erleben, diesen kleinen Körper, den man mit sich herumträgt, durch die Leere schleudern, die Geister austreiben. Hoffentlich dröhnt die Welt laut genug heute Abend, um vergessen zu machen, dass da jenseits dieser gepflasterten Illusion gar keine glänzende Wirklichkeit auf ihren Auftritt wartet. Selbst der Abgrund bleibt begrenzt.

Wilke Weermanns Figuren beherrschen die Sprache der Einsamkeit, den Code der Zweckgemeinschaft. Zum Fixpunkt ihrer verloren gegangenen Gespräche werden die anonymen Anderen. Ein gutes Gefühl, daß da noch jemand ist, nach dem man treten kann. Jede lakonische Beleidigung, jede Aussage, die ein kleines bisschen zu weit geht – das wird man doch wohl noch … –, erzeugt ein leichtes Kribbeln und verspricht eine kurzfristige Linderung von der Enttäuschung, die das eigene Leben bereithält. Projektionen verbünden sich mit realem Hass und bleiben an der Oberfläche hängen. Und obwohl die Zeit zerbröselt wie ein vergessenes Kaugummi, rast alles einem Ende mit Schrecken entgegen. Derweil wiegt sich die Stadt im Rhythmus der Angst.

Ausgezeichnet mit dem Hans-Gratzer-Stipendium 2019