Phosphoros

Autor*in(nen)
Theater, UA: 5.6.2014, Bayerisches Staatstheater
Inhalt

Lew Katz unterrichtet Physik und hat Krebs. Von dem zweiten ist er grundsätzlich und weitestgehend überzeugt. Mindestens aber davon, daß irgendetwas mit ihm nicht stimmen kann, denn jeden Morgen überkommen ihn schwere Schmerzanfälle. Lews Frau Anne kauft sich einen Hund und besucht Schreibkurse, weil es seit Monaten nur noch um die Krankheit ihres Mannes geht. Marlene ist Lews Studentin, jobbt nebenher bei der Bahn und ist mittlerweile der Überzeugung, es geht gar nicht um Brezeln, sondern um Demut vor dem Patriarchat. Basil ist Kontrabassist, der mit den letzten Resten einer glänzenden Karriere zwischen Hotelbars und silbernen Hochzeiten tingelt. Eva ist Basils Assistentin, eigentlich Freundin, eigentlich talentierte Bassistin. Und Schröder ist eigentlich nur Rezeptionist in einem schlechten Hotel.

Gemeinsam haben sie im Grunde nur, daß sie sich übermächtigen und unbeeinflussbaren Umständen gegenüber ausgesetzt fühlen. Wenn aber keiner von Ihnen die Kontrolle hat, wer hat sie dann? Und wo kommt eigentlich das ganze Unglück her? Was bewegt einen von Zuversicht zu Depression?

Ein nicht zur rechten Zeit angekommenes Krebstestergebnis, ein plötzlich bissig gewordener Hund, ein Anruf, eine Bemerkung auf dem Flur, ein Handgemenge, eine Beleidigung – in dem Durcheinander scheinbar unbedeutender Handlungen, Gedanken, Äußerungen, verschränken sich ihre Wege: Lew trifft Marlene. Anne trifft Basil. Lew tötet den Hund. Die Therapie läuft schlecht. Boris ruft Anne an. Schröder ruft Eva an. Eva trifft Marlene und wirft einen Kontrabass mit ihr aus dem Seitenfenster des Führerwagens eines fahrenden ICEs. Lew mag Marlene. Jörg mag Marlene. Boris mag Marlene. Marlene mag Eva. Basil trifft Lew. Lew hat genug!

Und während es unter der Haut und hinter den Augen der Menschen schwelt und die Entwicklungen zwingend werden - bewegt sich ein gewaltiger Sturm auf Nordeuropa zu. Ein Stück über »Schicksal«, die Macht des Einzelnen, über die Masse und sein Individuum, über die Zeit, über Kontrolle und vor allem über die gängige Verwechslung von Angst mit Liebe.

 

Ausgezeichnet mit dem Hermann-Sudermann-Preis 2015