Die Fraktion

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Theater, UA: 25.01.2013, Theater Magdeburg
Inhalt

Die Arbeit in der Stadtratsfraktion läuft wie geschmiert: die Hierarchien sind klar, die Aufgaben verteilt. Die einen warten auf die Pensionierung, die anderen hoffen auf einen lukrativen Posten in der Wirtschaft. Man kennt sich seit Jahren und hat sich arrangiert.

Die Maschinerie gerät ins Stocken, als sich der Politik-Novize Martin in die Abläufe einschaltet. Kurzerhand beruft er eine Sondersitzung ein: seine Fraktion soll die Errichtung einer Stele beantragen, die »an unsere Freiheit erinnern« soll. Ärgerlich genug, daß der Feierabend für eine lästige Sondersitzung herhalten muß; richtig ungemütlich aber wird es, als Martin bekannt gibt, daß die Stele just an dem Ort aufgestellt werden soll, an dem das neue Einkaufs-Center entsteht, für das sich der Fraktionsvorsitzende und Altvordere Axel ganz persönlich einsetzt.

Wer beim Zusammenprall von Idealismus und Pragmatismus die Oberhand behält, scheint schnell klar zu sein. Doch der Hausmeister hat den Sitzungssaal mit Getränkekisten zugemauert. Zum Warten verdammt, bietet sich den Parteifreunden die ungewohnte Chance zu einer Debatte jenseits der Routine. Und es wird klar, daß am Ende dieser langen Nacht nichts mehr so sein wird, wie es einmal war.

Kai Ivo Baulitz hat eine Polit-Komödie geschrieben, die mit Witz und Schärfe danach fragt, was wir vom politischen System der Demokratie überhaupt noch erwarten.

 »Erinnern will der junge Mann die Bürger seiner Stadt an die Freiheit, die sie haben; und an das, was in ihnen steckt – in jedem und jeder Einzelnen, im Leben, in der Demokratie. Dafür will er eine Stele aufstellen lassen, einen Erinnerungsstein; und zwar an prominenter Stelle – exakt dort, wo die Wirtschaftsmagnaten der Gemeinde mit dem City-Center gerade eine neue Geldquelle auftun wollen. Das kann natürlich nicht abgehen ohne Blessuren – und Martin, der Polit-Novize in der Schlangengrube des Stadtrats, lernt schon im Fraktionsausschuss für Denkmalpflege und Erinnerungskultur, was eine lokalpolitische Harke ist. Kai Ivo Baulitz hat diese Fabel ziemlich giftig angeschärft; ausgerechnet zum 80. Jahrestag der nationalsozialistischen Machtübernahme auch in Magdeburg entwirft er eine Polit-Farce über den verantwortungslosen Alltag unserer politisch-parlamentarischen Gegenwart, die sich doch so weit entfernt fühlt von allem totalitären Gehabe; und darum viel zu sicher.« (Michael Laages)