Hypnos

Autor*in(nen)
Theater, Hörspiel, Noch frei zur UA
Inhalt

Im Zugabteil, Rauschen. Und da ist diese Stimme, schlecht zu hören durch das Bordradio. »Bitte, wachen Sie auf«. Immer wieder wird die Stimme durch die Mitreisenden oder das Bordpersonal unterbrochen, verschwimmt wie die Landschaft hinter den Fenstern. »Warum wollen sie dich davon abhalten, mehr zu erfahren? Warum halten sie dich davon ab, aufzuwachen?« Hypnos heißt die Stimme. Eine neue Technologie, welche mit im Koma liegenden Menschen kommunizieren kann. Seit Jahren liegt die Frau hier schon, dies ist die letzte Möglichkeit, sie zu erreichen, sie zurückzuholen. Der Text zeichnet ein atmosphärisches Bild des Graubereichs zwischen Leben und Tod. Gefangen in einem Zugabteil befindet sich die Komapatientin auf einer Fahrt zwischen Traum und Wirklichkeit. Wo wird die Reise hingehen?

Wilke Weermann führt zwei Geschichten oder vielleicht auch eher zwei Perspektiven eng, die im Detail recht schwer auseinanderzuhalten sind: Da gibt es zum einen die Geschichte einer Frau, die seit zwanzig Jahren im Koma liegt. Man bemüht sich in der Klinik mit einer neuartigen Technologie – »Hypnos« genannt – an ihre verschütteten Bewusstseinsschichten zu gelangen. Aber es misslingt. Schließlich wird man ihr mit Einwilligung der Tochter die lebenserhaltenden Apparate abstellen. In einer zweiten Handlungsdimension verfolgen wir ebendiese Tochter auf einer Zugfahrt zur Beerdigung, begleitet von offenbar vertrauten Menschen, die ihr wie Unbekannte erscheinen: »Sie sind nicht deine Freunde. Sie imitieren deine Freunde. Sie sind Fremde«, heißt es. Alles zeigt sich in doppelter Beleuchtung: als vertraut und befremdlich, mithin als latent unheimlich.

HYPNOS verschmilzt die beiden Geschichtsebenen, sodass man kaum sagen kann: Liest man nun von der Frau im Koma, die träumt, in einem Zug mit lauter Fremden/Freunden zu sein? Oder folgt man doch eher der Perspektive der Tochter, die wie in einem befremdenden Traumzustand dahindämmert? »Welche von beiden bist Du (oder)«, heißt es gegen Ende entsprechend deutungsoffen.

Der neue Text von Wilke Weermann wurde für den Heidelberger Stückemarkt nominiert und ist noch frei zur UA.