Zwischenzeit

Autor*in(nen)
Theater, UA: 17.11.2014, Theater Nestroyhof Hamakom, Wien
Inhalt

Maria bekommt nach Jahren Besuch von ihrer Halbschwester Mina, die als Teenager mit ihrem Vater in dessen Heimatland gegangen war, um die deutsche Kleinstadt samt Halbschwester Maria und der gemeinsamen Mutter, hinter sich zu lassen. Nach dem Tod des Vaters kehrt sie gezwungenermaßen nach Deutschland zurück - das ferne Land des Vaters allerdings bleibt Projektionsfläche ihrer unerfüllten Wünsche und begleitet sie fortan als ungelebter Traum.

Mitten in der Nacht steht Mina also plötzlich vor Marias Kleinfamilien-Tür, die in der Zwischenzeit mit ihrem Mann Toni ein Kind bekommen hat. Toni, ein Anwalt, der keine Mandate annimmt, weil er sich vor dem Gewicht seiner Worte fürchtet, dreht jeden Abend seine Runden, bevor er nach Hause kommt und träumt von der unnahbaren Anja, die wiederum hofft, endlich mal von einem der einsamen Biertrinker am Tresen angesprochen zu werden. Daß die erschöpfte Maria auf ihn wartet, ahnt er - und dass es mit der Liebe zwischen den beiden nicht mehr weit her ist. Das Bild einer kleinen erfolgreichen Familie, das Maria als Verpackung ihrer Einsamkeit entworfen hat, zeigt deutliche Verschleißspuren, die auch Mina nicht verborgen bleiben.

In der Mitte der Nacht stehen sich diese in der eigenen Dunkelheit verirrten Figuren gegenüber. Die Ahnung von Unerfüllbarkeit, die die Sehnsucht nährt und die Enttäuschung zementiert, bestimmt jede dieser angerissenen Lebensgeschichten, die davon erzählen, dass so vieles hätte anders kommen sollen.

Mortazavis Text verdichtet durch diese Nacht hindurch Ungelebtes und Erhofftes, Vorbeigezogenes und Unwiederbringliches zu einer kühlen und gleichzeitig intimen Studie sich fremd bleibender Menschen, für die es keinen Ort zu geben scheint, der sie zum Bleiben bewegen könnte. Unvermittelt poetisch tragen die Figuren ihr Erstaunen darüber, dass ihnen ihr Leben Schmerzen bereitet, durch die nächtliche Kälte der Straßen und durch die Flure ihrer Wohnungen, die Schutz bieten vor der Dunkelheit, aber ihnen kein Zuhause sind.