Ulrich Rasche

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Zitate

»Das Rasche-Theater ist der legitime Nachfolger jenes umstrittenen, berühmten Chortheaters, das Einar Schleef bis zu seinem Tod betrieben hat.«
(NZZ)

»Rasche ist das Gegenteil eines Vermittlers, denn er holt seine Zuschauer nicht dort ab, wo sie stehen, sondern zeigt ihnen, wie weit sie laufen müssen, um dort anzukommen, wo sein Stück spielt.«
(Simon Strauss, FAZ)

Person

Ulrich Rasche hat sich als Regisseur mit formstrengen Chorprojekten einen Namen gemacht. Nach einem Studium der Kunstgeschichte sammelte Rasche erste Theatererfahrungen bei Jürgen Kruse in Bochum und bei Edith Clever, Dieter Sturm und Robert Wilson an der Berliner Schaubühne. Außerdem war er Stipendiat am Wilsons Watermill Center bei Southampton (USA).

In den Berliner Sophiensaelen zeigte er 2002 BETROGEN von Harold Pinter und die szenische Installation 231 EAST 47TH STREET nach Andy Warhhol sowie eine Bearbeitung der KINDER VOM BAHNHOF ZOO. In der Zwischennutzungsphase des Palastes der Republik war dort im Oktober 2004 sein Chorprojekt SINGING! IMMATERIELL ARBEITEN zu sehen. Für das Staatstheater Stuttgart inszenierte er KIRCHENLIEDER (Chorprojekt, 2005), DIE WELLEN nach Virginia Woolf (2007), SALOME (2009) und 30. SEPTEMBER (2011). Bei den Wiener Festwochen kam 2007 sein Projekt THIS IS NOT A LOVE SONG heraus. 2009 inszenierte er Friedrich Schillers SEESTÜCKE an der Volksbühne Berlin, 2010 am Schauspiel Frankfurt WILHELM MEISTER. EINE THEATRALISCHE SENDUNG und an den Sophiensaelen Berlin DIE ENTFÜRHUNG AUS DEM SERAIL.

2011 dramatisierte und inszenierte er am Theater Bonn Heinrich von Kleists MICHAEL KOHLHAAS.

2013 folgt seine eigene Fassung der APOKALYPSE am Staatstheater Stuttgart. Dazu die Süddeutsche Zeitung: »Rasche trifft den Nerv der Zeit. Statt den alltäglichen Alarmismen der Medien aufzusitzen, entlarvt er manch bigotten Versuch der Politik, die biblische Erlösung zu mißbrauchen. Am Ende steht eine Vision: Getragen von feierlichen Gesängen schreiten die Akteure an einem weißen Leuchten vorüber, in dem das Gottesreich erahnbar wird. Es ist dieser Mut zum Pathos, der dem Spiel seine Größe verleiht. Klarer könnte ein Bekenntnis in unsicheren Tagen kaum sein.«

Dirk Pilz, der für die NZZ über die Renaissance des Chortheaters schrieb, bezeichnet Ulrich Rasche als »legitimen Nachfolger jenes umstrittenen, berühmten Chortheaters, das Einar Schleef bis zu seinem Tod 2001 betrieben hat … Bei Ulrich Rasche ist der Chor das formstrenge Mittel für ein Theater als Exerzitium … wer für Rituale und theatrale Liturgien empfänglich ist, darf ein Musik-Theater bestaunen, das von einer suggestiven Energie lebt, in dem sich Form und Inhalt auf verstörende Weise aneinander reiben. Bei Rasche ist der Chor das Medium einer ersatzreligiösen Erfahrung.«

2013 wurde der Kunstpreis Berlin Jubiläumsstiftung 1848/1948 der Sektion Darstellende Künste der Akademie der Künste Berlin an Ulrich Rasche verliehen.

2014 koproduzierte Ulrich Rasche gemeinsam mit den sophiensaelen Berlin, dem Kunstfest Weimar, dem Schauspiel Frankfurt und kampnagel Hamburg das von Nis-Momme Stockmann geschriebene Werk DIE KOSMISCHE OKTAVE. André Mumot bezeichnete den Abend auf nachtkritik als »ein Drei-Stunden-Musik-und-Text-Theater zum Wahnsinnigwerden und Dahinschmelzen«.

Im Frühjahr 2015 inszenierte Ulrich Rasche (Regie und Bühne) DANTONS TOD am Schauspiel Frankfurt. Die Süddeutsche Zeitung schrieb: »Es ist großartig. Zermürbend. Berührend. Enervierend. Oft alles zugleich. Es ist nur eines nicht: Durchschnitt. Der Abend ist eine Wucht.«

Dem Frankfurter Triumph folgte zur Eröffnung der Spielzeit 16/17 die Inszenierung der »Räuber« von Friedrich Schiller im Residenztheater München. Auf nachtkritik hieß es dazu: »Diese ›Räuber‹ zeigen den Sog und das Grauen von Gemeinschaften, sind Exerzitium wie Exorzismus, elektrisierend, kirremachend und reinigend. Kurz: Groß.«

Christine Dössel schrieb in der SZ: »Rasches ›Räuber‹-Unternehmung ragt steil und gesamtkunstwerklich kühn aus dem Normalspielbetrieb heraus«. Folgerichtig wurde Ulrich Rasche mit seiner Räuber-Inszenierung zum Theatertreffen 2017 eingeladen. Theater Heute wählte Rasche 2017 zum »Bühnenbildner des Jahres«.

2018 wurde Ulrich Rasche zum zweiten Mal in Folge zum Theatertreffen eingeladen, diesmal mit seiner Inszenierung von »Woyzeck« (Theater Basel).

Seiner Inszenierung »Die Perser« (Koproduktion von Schauspiel Frankfurt und den Salzurger Festspielen) wurde 2018 der Nestroy-Preis für die ›beste Aufführung im deutschsprachigen Raum‹ zugesprochen.

»Seit Einar Schleef hat niemand mehr solch machtvolle, den Atem raubende Chöre auf die Bühne gebracht und damit der Masse ein Gesicht gegeben«, meint »Der Standard« zu Rasches »Persern«. Schon das Bühnenbild, dieses »monströse Räderwerk des Krieges« (SZ) sei beeindruckend, die Verausgabungsbereitschaft der Schauspieler*innen respekteinflößend. Der Klang der Schritte, das Schlagen der Percussions - alles verbinde sich zu einer einzigen sinnlichen Überwältigung, der es nicht an Reflexionspotential mangle: »Gäbe es ein besseres Bild für das Leben des Menschen auf der Erde und in einer Gesellschaft?«, fragt Andrea Heinz auf nachtkritik, als das Aushalten-Müssen dieser Überwältigungsästhetik und Maschinenmartialität? Inmitten ihrer ohrenbetäubenden Lautstärke, dem Sog des Marschrhythmus, gibt die Inszenierung zu verstehen, »was für eine Wucht ein gesprochenes Wort haben kann […]. Aber eben auch, was für eine Gefahr« in ihm steckt. 

Für seine Dresdner Arbeit »Das Große Heft« erhielt Ulrich Rasche die dritte Einladung in Folge zum Berliner Theatertreffen. 

Ulrich Rasche eröffnete 2019 die Spielzeit am Wiener Burgtheater (»Die Bakchen«). Es folgen Arbeiten am Deutschen Theater Berlin und - unter neuer Intendanz - am Residenztheater München. 

Am Grand Theatre Geneve feierte Rasche mit »Elektra «Anfang 2022 sein Opern-Debüt.  Für das Bühnenbild bei dieser Produktion wurde er mit dem Oper! Award 2023 für bestes Bühnenbild ausgezeichnet. Im vergangenen Sommer entstand zudem als Koproduktion zwischen dem ›Athens and Epidaurus-Festival‹ und dem Münchner Residenztheater die Produktion »Agamemnon«.

Mit »Leonce und Lena« kehrte Ulrich Rasche im Januar 2023 und in der letzten Saison der Intendanz von Ulrich Khuon mit einer weiteren Arbeit an das Deutsche Theater Berlin zurück. Bereits 2021 hatten an der Stuttgarter Staatsoper die Proben zur »Johannes-Passion« begonnen; die Premiere kam jedoch pandemie-bedingt erst im April 2023 heraus, und Rasche gelang eine großartige zweite Opernarbeit.

Mit »Nathan der Weise«  (Salzburger Festspiele, 2023) wurde Ulrich Rasche zum Berliner Theatertreffen 2024 eingeladen. Es ist seine mittlerweile vierte Einladung nach Berlin.

Im Frühjahr 2024 inszeniert Rasche erstmals am Schauspielhaus Bochum.