Ayşe Güvendiren: No Escape in Dresden

Mit ihrem aktuellen Stück YOU CAME, YOU SAW erschafft Ayşe Güvendiren am Staatsschauspiel Dresden einen ›No Escape Room‹,  lässt Opfer und Angehörige sprechen und illustriert die Zeugnisse mit kunstvollen Bildern wie aus einem Horrorfilm.

»Ein starkes Stück politischen Theaters« schreibt Tobias Prüwer auf Nachtkritik.

Weiter heisst es: »Mit "You came, you saw – ein No Escape Room" gelingt Ayşe Güvendiren mit vorgeblicher Horrorfilm-Anspielung ein Stück politisches Theaters, wie es in seiner Konsequenz und ästhetischen Radikalität selten zu erleben ist. Ayşe Güvendiren macht den Blick frei für etwas Wesentliches, lenkt ihn auf eine Systematik, in der als Nichtdeutsch angesehene Opfer und Betroffene eben nicht einfach solche sein können. Das mörderische Prinzip des ›Wir und die Anderen‹ treibt nicht nur die extrem rechten Mörder an, so die Botschaft, sondern war Grundlage der behördlichen Aufklärung vieler rassistischer Terroranschläge von Solingen bis Hanau. Diese radikale politische Theater hantiert klug mit Emotionen und vertraut auf die Kraft dramatischer Mittel, statt wie so oft zu viel zu erklären.«

Die Sächsische Zeitung ergänzt:  »Ayşe Güvendiren macht an ihrem Abend ein perfides System sichtbar, das strukturell und institutionell rassistisch ist. Ihr starker Abend ist Anklage und Erinnerungsraum zugleich. Seine eigenwilligen Bilder erschlagen. Ein wichtiger Abend für Dresden - und vor allem für die Betroffenen, deren Namen am Ende eingeblendet werden. Der Horror ist echt.«

Der Liebling

von Svenja Viola Bungarten

Die gigantischen Konzerne Always und Never ringen um die Monopolstellung auf dem Markt und um die Erfindung des nächsten innovativen Frauenhygieneartikels. Die CEOs Franka und Bettina wollen die Firma der jeweils anderen aufkaufen und sich gegenseitig an den Kragen. Ihre Kinder buhlen um das Erbe und um die Zuneigung ihrer Mütter, während deren Vertraute, Beraterinnen und Praktikantinnen eigene Karrierechancen wittern. Vielschichtige Intrigen und Affären entspinnen sich, genauso wie unerwartete Allianzen. Inspiriert von popkulturellen Referenzen wie den Filmen The Favourite, Der Teufel trägt Prada oder der Serie Succession untersucht Svenja Viola Bungarten in DER LIEBLING Spielarten von Macht und Solidarität unter Frauen. Was sind die Kosten von Erfolg? Auf welche Weisen arbeiten Frauen am Patriarchat mit? Was macht Macht mit Feminismus, und welche Macht braucht Feminismus? Anita Vulesica inszeniert die Uraufführung am 14. März am Deutschen Theater in Berlin.

Gigantische Einsamkeit

von Paula Kläy

Im Haus am Ende der Straße ist gerade eben einer gestorben. Die Anwohnerschaft durchsucht den Nachlass auf Gegenstände, die sie in ihren Besitz nehmen könnte. Die Geschichten und Erinnerungen spinnen sich um die Dinge, laden die Gegenstände mit Bedeutung auf und erschaffen so ein Leben, das es ja nicht mehr gibt und so wahrscheinlich nie gegeben hat. Im Nachlass findet sich auch EIN KLEINER ROBOTERHUND, der ausgesandt wurde von der Firma Afterlife, um sich als Trauerbewältigungshelfer anzubieten. Er führt mit der Anwohnerschaft verschiedene Trauerrituale durch, auf der Suche nach dem wahrhaftigen Gefühl.
«Gigantische Einsamkeit» erzählt vom Umgang mit dem Tod und der Kommerzialisierung von Trauer. Von einer Maschine, die ein Gefühl behauptet und einer Gesellschaft, die um das ihrige ringt.

Minihorror

von Barbi Marković

In  ihrem dritten Roman erzählt Barbi Marković die Geschichten von Mini und Miki und ihren Abenteuern im städtischen Alltag. Mini und Miki sind nicht von hier, aber sie bemühen sich, dazuzugehören und alles richtig zu machen. Trotzdem – oder gerade deswegen – werden sie verfolgt von Gefahren und Monstern, von Katastrophen und Schwierigkeiten. Es geht um die großen und kleinen Albträume des Mittelstands, um den Horror des perfekten Familienfrühstücks, um Mobbing am Arbeitsplatz und gescheiterten Urlaub, um den Abgrund, der sich im Alltag öffnet und nicht mehr schließen will. Der Roman »Minihorror« wurde mit dem Preis der Leipziger Buchmesse 2024 ausgezeichnet.

Neuigkeiten
Willkommen, Joana Tischkau

Wir freuen uns außerordentlich, Joana Tischkau bei schaefersphilippen ™ begrüßen zu dürfen. In der Begründung der Jury des Tabori-Preises, den sie 2024 erhielt, heißt es über ihre Arbeit: »Joana Tischkaus künstlerische Praxis zeichnet sich durch das so exzessive wie pointierte Spiel mit zeitgenössischen Phänomenen der Populärkultur aus. Sie eignet sich die Logiken und Formsprachen von Talentshows, Hip-Hop Lifestyle, Selbstoptimierungsformaten oder dem deutschen Karneval an und treibt sie auf jene Spitzen, die deren Abgründe offenbaren. Jenseits didaktischer Setzungen ist es ihr gelungen, eine so mitreißende wie widerständige Ästhetik der Verfremdung zu entwickeln, die Repräsentationsverfahren und Identitätskategorien aus aktuellen Erstarrungen löst und mit den Ambivalenzen der Aneignung spielt.« Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit!

Silberner Löwe für Ursina Lardi

Ursina Lardi wird auf der Biennale Teatro in Venedig 2025 mit dem Silbernen Löwen für darstellende Künste ausgezeichnet. Als Markenzeichen ihres Spiels hebt der künstlerische Leiter der Theater-Biennale, der Schauspieler Willem Dafoe, »Radikalität und Einfühlungsvermögen« hervor. Vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit dem Regisseur Milo Rau habe sie »ihre eigene individuelle Geschichte zu einer kollektiven gemacht, indem sie die Widersprüche des bürgerlichen und kapitalistischen Westens klar und mit Würde auf sich nahm, fast so, als wäre die Schauspielerin immer wieder eine Personifizierung ihrer eigenen Zeit.«

Drei auf einen Streich – Yannic Han Biao Federer

Großer Gewinner beim Heidelberger Stückemarkt ist das Stück ASIAWOCHEN von Yannic Han Biao Federer. Es erhält den Autor*innenpreis, den SWR Hörspielpreis sowie den vom Freundeskreis des Theaters und Orchesters Heidelberg gestifteten Publikumspreis. In der Jurybegründung heißt es, der Autor*innenpreis 2025 geht an einen Text, »der im Erklären explodieren mag, aber nie den Boden unter den Füßen verliert, das Theater und seine Vorstellungskraft herausfordert, und daran erinnert, dass deutsche Imperialgeschichte nicht durch die vielzitierte Vernunft plötzlich beendet wurde – sondern durch aktive historische Verdrängung unsichtbar gemacht wurde.« ASIAWOCHEN sei »ein Stück, das charmant einen Kurzschluss zwischen Form und Inhalt herstellt, um Fragen der Repräsentation, gesellschaftliche Probleme und scheinbar Unthematisierbares auf den Tisch zu packen.« Wir gratulieren von Herzen und freuen uns auf die Uraufführung 2026 in Heidelberg!

Saison-Endspurt

Es geht in letzte Runde der Spielzeit. Nach Einladungen vieler unserer KünstlerInnen zu den relevanten Festivals des Frühjahrs (Theatertreffen, Mülheimer Theatertage, ATT, Heidelberger Stückemarkt, radikal jung, etc.), freuen wir uns auf weitere Premieren und Uraufführungen bis zum Ende der aktuellen Spielzeit: Markus Heinzelmann, 16.5., Theater Magdeburg (Mr. Gum und der fliegende Tanzbär), Marlene Lockemann, 16.5., Residenztheater München (Romeo & Julia), Boris Nikitin, 16.5., Staatstheater Nürnberg (Mixtape), Stefan Hageneier, 17.5., Oper Hannover (Der Rosenkavalier), Milo Rau, Wiener Festwochen , 18.5., (Burgtheater von Elfriede Jelinek), Wilke Weermann, 19.5.,  Staatstheater Stuttgart (Die Verwandlung von Gregors Samsung), Anne Lepper, 23.5., Schauspiel Essen (Flitterwochen im Fertighaus), Annika Lu, 24.5., Oper Leipzig (Orpheus in der Unterwelt), Philipp Rosendahl, 24.5., Oper Bremen (Wellen), Christopher Rüping, 24.5., Wiener Festwochen (All about earthquakes), Wilke Weermann, 30.5., Theater Münster (Der zerbrochene Krug), Johan Simons, 1.6., Oper Antwerpen (Woyzeck), Ayşe Güvendiren, 14.6., Staatsschauspiel Dresden (you came, you saw - ein no escape room), Kathi Maurer, 14.6., Residenztheater München (Die G`schicht vom Brandner Kasper), Kim de l'Horizon, 15.6., Schauspiel Essen (Mein Blutbuch), Jessica Glause, 26.6., Oper Stuttgart (Zaide), Ulrich Rasche, 27.6., Athens Epidaurus Festival (Antigone), Milo Rau, 8.7., Festival Avignon (La Lettre)

Blutbuch everywhere

Die Produktion BLUTBUCH des Theaters Bern (Regie: Sebastian Schug) gehört zu den sechs ausgewählten Inszenierungen, die beim Schweizer Theatertreffen vom 21. bis 25. Mai 2025 im Theater Casino Zug, im Theater im Burgbachkeller, in der Chollerhalle, im Luzerner Theater sowie im Südpol zu sehen sein werden. Kim de l'Horizons Buch wurde vielfach an Theatern in Deutschland, Österreich und der Schweiz für die Bühne eingerichtet. Die Produktion des Theaters Magdeburg (Regie: Jan Friedrich) wird beim Berliner Theatertreffen und beim Heidelberger Stückemarkt gezeigt.

Anita Vulesica erhält 3sat-Preis

Anita Vulesica erhält den diesjährigen 3sat-Preis im Rahmen des Berliner Theatertreffens. Die Preisverleihung findet am 6. Mai 2025 im Anschluss an die Vorstellung »Die Maschine oder: Über allen Gipfeln ist Ruh« im Rahmen des Berliner Theatertreffens statt. In Vulesicas Regie entsteht »ein Abend aus tanzenden Silben und über Sprache als Material, aber auch einer über Macht und Widerstand und über das Schweigen als politische Kraft. Komisch, ernst, trashig und immer wieder in allen Wipfeln innehaltend«, so die Jury. 3sat vergibt den 3sat-Preis als Medienpartner des Berliner Theatertreffens seit 1997 jährlich für eine künstlerisch innovative Leistung aus dem Kreis der eingeladenen Arbeiten. Bisherige Preisträgerinnen und Preisträger waren unter anderen Claudia Bauer, Lina Beckmann, Sandra Hüller, Milo Rau und Christoph Schlingensief.