Der Meister und Margarita

Autor*in(nen)
Theater, mit Paul Wallfisch, UA: 22.03.2012, Theater Dortmund
Inhalt

Der Meister und Margarita – die große Reise durch Zeit und Raum beginnt am Moskauer Patriarchenteich. Zwei überzeugte Atheisten im Gespräch: Chefredakteur Berlioz übt Kritik am jungen Lyriker Besdomny: Aus dessen neustem Poem gehe nicht klar genug hervor, dass die Jesus-Geschichte – wie auch Gott – reine Fiktion sei! Doch dann mischt sich ein Passant ins Gespräch, der behauptet, Gott existiere absolut! Kurze Zeit später – Berlioz ist inzwischen der Kopf von einer Straßenbahn abgetrennt worden – wird Besdomny klar, daß der Fremde der Teufel persönlich war. Und kann es einen überzeugenderen Fürsprecher für die Existenz Gottes geben als den Teufel selber? Der Teufel, in Moskau! Doch zuhören will Besdomny keiner, er wird in die Psychiatrie verfrachtet. Sein Mitpatient dort: Der Meister, Autor eines unvollendeten Romans über Pontius Pilatus und Jeschua...

Der russische Literaturstar Michail Bulgakow (1891-1940) arbeitete von 1928 bis zu seinem Tod am Roman Der Meister und Margarita; dieser wurde aufgrund seiner Kritik an politischen Realitäten in der Sowjetunion erst 1973 in unzensierter Form veröffentlicht und kann als Bulgakows Lebenswerk betrachtet werden. Kay Voges’ Theaterbearbeitung wirft einen neuen Blick auf Bulgakows Jahrhundertroman: Der Meister und Margarita – ähnlich wie Goethes Faust sowohl Liebesgeschichte als auch eine Untersuchung dessen, was die Welt im Innersten zusammenhält. Glaube, Liebe, Zweifel: Wir sehen den Meister, der an seiner künstlerischen Kraft zweifelt, und gleichzeitig seine Romanfiguren Jeschua und Pontius Pilatus: Zwei Menschen, die mit ihrer Identität und Aufgabe hadern. Dem gegenüber steht die junge Margarita, die felsenfest glaubt – an die Liebe, an den Meister und seine Schöpfung – und die bereit ist, dafür Opfer zu bringen.

Die Geschichte vom Teufel, Margarita, dem Meister, Gottessohn Jeschua und Pontius Pilatus – Kristallisationskeim für einen Glaubensdiskurs: Glauben oder Zweifeln? An was? Glauben wir heute noch an Erlösung durch Opfer, an Barmherzigkeit, an einen Gott? Und wenn nicht – woran dann? An Kapitalismus, an Demokratie oder an Europa? Können wir überhaupt noch glauben? Was ist der Kern des Glaubens? Und: Was die Natur des Zweifels? Führt er zum Verlust aller Liebe, zu Depression und Stagnation? Oder hat vielleicht die amerikanische Autorin Jennifer M. Hecht recht, die jüngst in ihrem vieldiskutierten Buch »Doubt: A History« die These aufstellte, dass mehr Zweifel keinesfalls Stagnation sondern mehr Frieden in unsere von Ideologiekonflikten zerrissene Welt bringen würde – weil vor allem der Zweifel verkrustete eigene Denkmuster aufweichen und so in uns Raum für alternative Perspektiven und Veränderung eröffnen kann? Woran glaubst du?