Boris Nikitin

Zitate
»Nikitins großes Thema ist die niemals feststellbare Grenze zwischen Realität und Fiktion. Das Spezifikum seiner Arbeiten ist, daß in Ihnen statt Experten aus der Wirklichkeit eher solche aus dem Theater auf der Bühne stehen. Als sie selbst. Als andere. Wie wenig andere führt Nikitin das Theater derzeit an seinen kritischen Punkt.«
(Theater Heute)
Boris Nikitin ist Regisseur, Autor, entwirft Bühnenbilder, realisiert Videoarbeiten und kuratiert Festivals, Symposien und Happenings. Seit 2013 ist er künstlerischer Leiter des Festivals "It's The Real Thing - Basler Dokumentartage", das 2026 in seine fünfte Ausgabe geht.
Herzstück all seiner Arbeiten ist die Auseinandersetzung mit der Darstellung und Herstellung von Realität und Identität. Die Stücke unternehmen immer wieder den Grenzgang zwischen Illusionstheater und Performance, zwischen Dokumentarischem und Propaganda. Lange bevor Fake News zum geflügelten Wort wird, untersucht er das Reale. Produktionen wie „F wie Fälschung, nach Orson Welles* (2008), „Imitation of Life“ (2009), „How to win friends & influence people“ (2013), „Sei nicht du selbst“ (2013), „Martin Luther Propagandastück“ und „Hamlet“ (2016) sind von der Presse gefeiert und eröffnen einen anderen Raum innerhalb eines von der Suche nach echten Körpern, echten Handlungen und der Sehnsucht nach Authentizität geprägten Performance-Diskurses.
Auch Nikitins Happenings und kuratorischen Projekte thematisieren die Frage nach dem Realen und seiner Doppelgänger, wie das Festival „It's The Real Thing“ (seit 2013), „Martin Luther Propagandasymposium - Ein deutsches Wochenende“ (Jena, 2017), die mehrteilige Gesprächsreihe „Propagandagespräche 1-8. Macht und Verwundbarkeit“ (Kaserne Basel, 2018/19) und die „Schweizer Propagandakonferenz“ (Theater Neumarkt, 2019)
Bereits 2009 schreibt die Berliner Zeitung taz: "Nikitin treibt die Ästhetik des Nicht-Professionellen, des Experten, des Komplizen einen Schritt weiter. Kaum ein anderes Regieteam hinterfragt den Status seiner Erzählungen und damit den Status des Dokuments so sehr wie Nikitin." Und der Tagesanzeiger 2016: "Der Basler Regisseur treibt das Genre des Dokumentarischen“ auf die Spitze.
Seit 2015 beschäftigt sich Nikitin mit dem Verhältnis von Kunst und Krankheit. Dieses Thema spielt eine zentrale Rolle in seinem „Versuch über das Sterben“, in dem der Regisseur selbst auf der Bühne steht. Das Stück, 2019 uraufgeführt bis heute in über fünfzig Städten international auf Tournee, wurde 2022 von dem zweiten Teil „Magda Toffler oder ein Versuch über das Schweigen“ gefolgt. Auch diese Arbeit tourte bis heute international.
Mit den Arbeiten „Dämonen“ (Theater Basel, 2022), „Dämonen (Berlin)“ (Maxim Gorki, 2024) und „Mixtape“ (Staatstheater Nürnberg, 2025) experimentiert Nikitin seit jüngster Zeit mit dem Genre des Live-Kinos.
2017 wurde Nikitin für sein Gesamtwerk mit dem J.M.R. Lenz Theaterpreis der Stadt Jena ausgezeichnet. Im Jahr 2020 erhielt er den Schweizer Theaterpreis. Seine Arbeit wurde fünfmal zum Festival „Impulse“ eingeladen. Das Stück „Erste Staffel. 20 Jahre Big Brother“ wurde 2021 zu den Mülheimer Theatertagen eingeladen.
Boris Nikitin hatte 2018/2019 die Christoph-Schlingensief-Gastprofessur an der Universität Bochum inne. Er lehrt außerdem an der Universität Frankfurt, der Hochschule der Künste/Zürich, der Universität Erlangen und der Universität Venedig.