Auf verlorenen Posten

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Theater, UA: 21.09.2012, Schauspielhaus Wuppertal
Inhalt

Bald ist Wahl. Oberbürgermeister Klaassen bringt sich in Stellung - mit einem prestigeträchtigen Großprojekt. Ein denkmalgeschützes Areal soll zur VIP-Klinik umgeklüngelt werden. Das ruft nicht nur die Opposition auf den Plan, sondern auch ein Rudel von Alt-Sozialisten, das auf dem Areal sein kommunenhaftes Dasein fristet und dies auch noch bis zum Ende der Rente fortzusetzen gedenkt. Ein Hauch von längst verloren geglaubtem revolutionären Geist weht dem windigen Klaassen entgegen, der nun aufs Ganze geht, während die weit abgeschlagene bürgerliche Gegenkandidatin Pruss durch eine glückliche Fügung Morgenluft schnuppern darf. Es entwickelt sich ein Ränkespiel von tragikomischem Ausmaß, für dessen unerwartetes und schlagartiges Ende eine Tapir-Dame aus dem lokalen Zoo sorgen darf.

Chloe Cremer hat eine politische Komödie geschrieben, in der sich die jeweiligen Lager in Verschlagenheit und Niedertracht in nichts nachstehen. Das ist ein Fest für Schauspieler. Vor allem aber hat sich Cremer an den Strukturen abgearbeitet, die heute ganze Regionen im Würgegriff von Vetternwirtschaft, Mißmanagement und Klüngelei veröden lassen.

Gemäß dem Motto, daß alles, was wir nicht schließen, uns nur weiter ruiniert, haben die Stadtoberen in Cremers Stück ihre Stadt zu Tode gespart, um im gleichen Moment die Herz- und Filetstücke an den nächstbesten zwielichtigen Investoren zu verscherbeln. Das letzte Tafelsilber wird zu Katzengold gemacht. So entstehen sinnentleerte Städte, verödete Landstriche, in denen abstruse Großbauprojekte den letzten Funken Charisma ersticken. Insofern stellt Cremer uns allen die Frage, wie wir in Zukunft leben möchten. Und wo. Und von wem wir uns das nächste Shopping-Center vor die Nase setzen lassen wollen, während Schwimmbäder, Museen und Theater geschlossen werden.