Jeeps
In einem grauen, tristen Beamtenbüro treffen zwei Sachbearbeiter auf zwei Damen, die ihnen die Pistole auf die Brust richten – und damit drohen, den lang ersparten Geländewagen in die Luft zu sprengen. Die eine Hartz IV-Empfängerin, die beim Pfandflaschensammeln erwischt wurde und nun nicht einsehen möchte, daß der Pfanderlös auf ihre Tagessätze angerechnet werden soll, die andere Tochter eines gerade Verstorbenen, die sich nun um ein Los bewerben möchte, um ihr Erbe zu erhalten. Denn das natürliche, altbekannte Erbrecht wurde reformiert, und Hinterlassenschaften werden nun per Losentscheid verteilt. Somit haben alle die Chance, etwas von den jährlich vererbten 400 Millarden Euro zu bekommen. Aber wer reich geboren wurde, möchte doch nicht einfach so auf das ihm oder ihr zustehende Vermögen verzichten – und wer nur Grundsicherung erhält, hat nun die Chance, plötzlich reich zu sein. Neue Verteilungskämpfe beginnen und werden wie immer bei Nora Abdel-Maksoud mit viel Witz zu einer bitterbösen Satire.
Mit ihrem Text JEEPS setzt die Autorin und Regisseurin Nora Abdel-Maksoud an einem tiefen sozialen Sicherheitsbedürfnis an. Sie verhandelt die strukturellen Bedingungen einer Gesellschaft, in der Klassenunterschiede gleichzeitig wirken und negiert werden. Mit bissiger Zuspitzung und Präzision seziert Abdel-Maksoud unser Denken und Handeln auf Basis von Kontoständen, Testamentseröffnungen und gefühlten Bedrohungen.