Es ist der 31. Dezember 1999. Der Tag, an dem die Computer Amok laufen, die Banken kollabieren und die Atomkraftwerke schmelzen. Oder doch nicht? Sandra Schwartz und ihr Mann Polli, die Inhaber der Pension Schwartz, sind jedenfalls auf das Schlimmste vorbereitet. Doch dann buchen sich kurz vor dem Silvesterabend zwei Gäste bei ihr ein, die sich äußerst sonderbar verhalten.
Vanessa ist obsessed mit den Geschichten hinter der Geschichte: dem Trauma hinter dem Schweigen des Vaters, der nun den Asialaden verkauft, der die Familie über Jahre ernährt hat. Vanessa liest: Hannah Arendt, David van Reybrouck. Vanessa referiert: über den naziverseuchten BND und seine Rolle im Kampf gegen die Dekolonisierung, über den Zusammenhang von Kolonialismus und Nationalsozialismus – und alle sind überfordert. Der Kolonialismus als Räume, Formate und Psychen überwältigendes System, für das Federer dennoch eine radikale, kühne, eine berstende Form findet. Postkolonialismus für das Theater des 21. Jahrhunderts.
Etwas ist faul in diesem »bad kingdom« der Gegenwart. Seine Bewohnerinnen und Bewohner sind verunsicherte Menschen in einer großen Stadt. Sie fragen sich, wie sie umgehen sollen mit dem Gefühl, inmitten einander sich immer schneller überlagernder Krisen allmählich den Boden unter den Füßen zu verlieren. Sie suchen nach Wegen aus ihrer Einsamkeit oder schrecken zurück vor zu viel Nähe. Sie fragen sich, wie sie in ihren verwirrenden Beziehungen und Freundschaften, die sie führen oder gerne führen würden, Sicherheit und eine Zukunftsperspektive finden können.
Dante Meyrowitz arbeitet als Risikocontroller. Nach neun Jahren im Job gleicht seine Existenz einer einzigen, schlafwandlerischen Risikovermeidung: Im täglichen Hamsterrad von katalogdicken Excel-Tabellen, Ritalinabhängigkeit und ausgefahrenen Ellenbogen am Arbeitsplatz, fühlt er sich mittlerweile wie ein Statist im eigenen Leben. Als er schon beginnt nach »stillem und sauberem Selbstmord« zu googlen, steht eines Morgens Tim Würfel, »staatlich anerkannter« Betreuer, vor seiner Tür.
Ein Mensch hat Erfolg im Beruf. Er lebt in einer Gesellschaft, in der Leistung eine wichtige Rolle spielt. Der Staat kümmert sich nur wenig um seine Bürger*innen. Das meiste regelt die freie Wirtschaft. Der Mensch arbeitet, damit es ihm gut geht. Manchmal vergisst er dabei, dass er einen Körper hat. Dann wird er krank. Der Staat hilft dann kaum.
In der geschlossenen McDonald’s-Filiale entrollt sich ein absurdes Kammerspiel: Zwei Angestellte wischen Böden, als immer mehr Menschen auftauchen – hungrig, verloren, getrieben von Bedürfnissen, die längst über den bloßen Appetit hinausgehen.
Ein Büroangestellter erfindet sich einen Geliebten, eine Katze philosophiert über unstillbare Gier, und irgendwo dazwischen eskaliert der Ärger mit DHL.
Espansa hätte eigentlich Esperanza heißen sollen. Dass ihre Mutter zwei Buchstaben weggelassen hat, war nur der Anfang, denn sie hat eine ganze Menge bei ihrer Tochter weggelassen. Weil sie so gut wie nie aus ihrem Bett steigt, sorgt Espansa für sich selbst, und um nicht so allein zu sein, stellt sie sich Zuschauer*innen vor, denen sie über ihr Leben erzählen kann.
ESPANSA lässt hinter die Fassade eines perfekt funktionierenden Mädchens blicken, das seine Fantasie zum Königreich gemacht hat, und lädt die Zuschauer*innen ein, sich selbst zu positionieren. Wo schauen wir weg, wie schauen wir hin?
EVER GIVEN widmet sich dem Kollaps. Was, wenn ein Mensch, ein Organismus, ein ganzes System nicht mehr weitermachen kann wie bisher? Was, wenn alles, was zuvor selbstverständlich schien, plötzlich ausgehebelt wird? Was geschieht im Stillstand? Die Protagonist*innen auf der Bühne sind Menschen, die eine radikale Zäsur erfahren oder gesucht haben – konfrontiert waren mit einer Nachricht, einem Schicksalsschlag, einer Diagnose. Mit einem Nichts-geht-mehr!
Anne Lepper lässt die Ehefrau Bonnie ausziehen aus einem System der Entmündigung. Sie braucht anscheinend Theorie, um aus diesem Schlamassel herauszufinden, in dem Frauen* immer die Benachteiligten und Reproduktionsbeauftragten sein sollen. Und was ist das bitte für eine Idee, diese Reproduktion? Kommt da jemals etwas Neues oder Gerechteres? Lepper formt die geradezu absurden Geschlechter-Ungerechtigkeiten unserer Welt zu einer sprachlich dichten Komödie des Denkens.
FREMDE SEELEN ist eine Ermittlung. Und wie jede Ermittlung ist sie von dem Wunsch angetrieben, Licht in gewisse Sachen zu bringen, die auf unerklärte Weise geschehen sind: der Suizid eines Pfarrers vietnamesischer Herkunft in einem kleinen Dorf in den Schweizer Voralpen zu Anfang der 2000er Jahre – nur drei Jahre nach seinem Amtsantritt. Es ist das Dorf der Mutter von Eva-Maria Bertschy.
Auf einer leeren Theaterbühne begegnen sich Figur und Autor. Eigentlich hätte heute Abend das Stück »11 Begegnungen mit dem Tod« des Autors gespielt werden sollen, aber die Figur weigert sich, in den brutalen Tod zu gehen, der ihr vom Autor zugeschrieben wurde. So treten die beiden in Dialog über die verlorene Liebe und das Sterben. Während um sie herum das Theater ab- und neu aufgebaut wird, werden sie einander zur Trostgemeinschaft.
Im Haus am Ende der Straße ist gerade eben einer gestorben. Die Anwohnerschaft durchsucht den Nachlass auf Gegenstände, die sie in ihren Besitz nehmen könnte. Die Geschichten und Erinnerungen spinnen sich um die Dinge, laden die Gegenstände mit Bedeutung auf und erschaffen so ein Leben, das es ja nicht mehr gibt und so wahrscheinlich nie gegeben hat. Im Nachlass findet sich auch EIN KLEINER ROBOTERHUND, der ausgesandt wurde von der Firma Afterlife, um sich als Trauerbewältigungshelfer anzubieten.
Für Vater, Mutter, Kind 1 und Kind 2 ist die einzige Verbindung zum Draußen ein Lüftungsschacht, durch den mitunter Münzen und Zigaretten-Kippen fallen. Sie essen Suppe, beschwören ihren Zusammenhalt und ihre Liebe zueinander und erzählen Geschichten vom Draußen, wo die Barbaren leben. Kläy findet in ihren fein komponierten Dialogen Sprachbilder von poetischer Kraft und beschwört große Gegenwartsthemen zwischen Xenophobie, Abschottung, Hoffnung und Freiheit.
Ein Bauernhof im Mannheimer Umland, 1923: Die neue Chorleiterin Luise hinterfragt bereits nach kurzer Zeit die Methoden der Gemeinschaft, die das jährliche Ferienlager ausrichtet. Auch Lokalreporterin Ruth hegt seit geraumer Zeit Verdacht gegen den Heimleiter Heinrich und recherchiert im Umfeld. Als kurz darauf im nah gelegenen Wald eine Leiche entdeckt wird und der Mordverdacht auch noch auf den Betreuer Luis fällt, eskaliert die Situation …
Generationenkonflikte, politische Geschichte, Liebe und Tod. Unbeschwert und humorvoll sucht Rau nach Möglichkeiten, was populäres Theater heute sein kann. Von der Geschichte der Jeanne d’Arc bis zu Tschechows ›Die Möwe‹ entfaltet sich das Stück auf mehreren Ebenen, in einem ständigen Wechselspiel zwischen Kunst und Leben. Selbst die Toten kehren mit Hilfe eingespielter Stimmen auf die Bühne zurück.
Der gefeierte Regisseur Erik Lind soll König Lear von William Shakespeare inszenieren. Jetzt liegt er nach einem Herzinfarkt in einer Klinik. Die Tochter tritt sein Erbe an, um seine letzte große Inszenierung zu retten. In stürmischen Probennächten taucht sie in die Geschichte des alten Königs Lear und in die ihrer eigenen problematischen Beziehung zu ihrem Vater ein.
Die gigantischen Konzerne Always und Never ringen um die Monopolstellung auf dem Markt und um die Erfindung des nächsten innovativen Frauenhygieneartikels. Die CEOs Franka und Bettina wollen die Firma der jeweils anderen aufkaufen und sich gegenseitig an den Kragen. Ihre Kinder buhlen um das Erbe und um die Zuneigung ihrer Mütter, während deren Vertraute, Beraterinnen und Praktikantinnen eigene Karrierechancen wittern. Vielschichtige Intrigen und Affären entspinnen sich, genauso wie unerwartete Allianzen.
In ihrem dritten Roman erzählt Barbi Marković die Geschichten von Mini und Miki und ihren Abenteuern im städtischen Alltag. Mini und Miki sind nicht von hier, aber sie bemühen sich, dazuzugehören und alles richtig zu machen. Trotzdem – oder gerade deswegen – werden sie verfolgt von Gefahren und Monstern, von Katastrophen und Schwierigkeiten. Es geht um die großen und kleinen Albträume des Mittelstands, um den Horror des perfekten Familienfrühstücks, um Mobbing am Arbeitsplatz und gescheiterten Urlaub, um den Abgrund, der sich im Alltag auftut und nicht mehr schließen will.
Viktoria kehrt zu ihrer Familie ins Berner Oberland zurück.
Zu Mutter, Schwester, Sohnemann, Onkel, Franz, zu 91 Skiliften und 230 Pistenkilometern Einsamkeit.
Langsam fächert sich der Schmerz der Daheimgebliebenen und der Zurückgekehrten auf. OBERLAND erzählt von Gebirgsketten so hoch, dass dahinter kein Horizont mehr wartet, und dem Unvermögen der Figuren, ihrem eigenen Schicksal zu entfliehen. Weil nach dem Après Ski, da wartet nur noch, da wartet nur noch –
Eines Tages muß das Mädchen Pembo mit ihrer Familie ihre Heimat verlassen und nach Deutschland umziehen. Pembo will aber nicht. Sie liebt die Sonne, das Meer und die Freunde in ihrer türkischen Heimat. Aber dann entdeckt Pembo, wieviel Kraft und wieviel Herz sie hat, um auf das Neue zuzugehen - und aus Halb und Halb ein rundes, glückliches Leben zu machen.
Das traditionsreiche Theater Helios pfeift aus dem letzten Loch. Generalintendant Geldoff kämpft wie ein Ertrinkender um seine Vertragsverlängerung. Nur ein großer Theaterabend könnte die Zukunft der Bühne sichern – und so setzt er alles auf eine Karte und engagiert einen erfolgreichen und teuren Jungregisseur, der mit dem Portal die Gunst der lokalen Kulturpolitik zurückgewinnen soll. Chefdramaturg Eisenstern hat derweil eigene Pläne.
Ferenc Molnárs Stück Die rote Mühle (1924) zeigt die Teufel bei der Arbeit. Mithilfe einer Menschenverderbungsmaschine programmieren sie einen ehrlichen Mann zu einem Spekulanten um. Jetzt, einhundert Jahre später, holt Nis-Momme Stockmann Molnárs Motive in die Gegenwart. Ein Großunternehmen besetzt den Ort des Diabolischen.
Basierend auf Lebensgeschichten von Kriegsfotograf:innen und eigenen Erlebnissen geht Regisseur Milo Rau in diesem Monolog der Zerbrechlichkeit unserer Gewissheiten auf den Grund. Warum ist Gewalt so verführerisch? Was bleibt, wenn Krieg und Terror die uns bekannte Welt zerstören?
Für sein autofiktionales Stück »The Silence« geht der Autor und Theaterregisseur Falk Richter zurück in die eigene Familiengeschichte. Sein Vater verstarb, ohne dass eine versöhnliche Aussprache mit dem Sohn stattfinden konnte. Im Dialog mit seiner Mutter nimmt er jahrzehntelang nicht ausgesprochene Wahrheiten, verdrängte Geheimnisse und unaufgearbeitete Traumata in den Blick, die ihn bis zum gegenwärtigen Tag nicht in Ruhe lassen.